Stricken ist das neue Autofahren ist das neue Meditieren

Stricken ist das neue Autofahren ist das neue Meditieren

Stricken ist das neue Autofahren ist das neue Meditieren

Meditieren macht mich saumässig hässig. Und zwar auf vielerlei Arten: Ich kann den ganzen Tag ruhig im Stuhl hängen, aber sobald ich meditieren möchte, halte ich es keine 60 Sekunden in einer Position aus. Und dann das mit den Gedanken! Man soll sie ja ruhig an sich vorbeiziehen lassen, sagt man. Klingt gut, so rein theoretisch. Ich hab's aber leider nicht so mit Theorien. Mein ADHS Hirn hält sich leider nicht an so wunderbare Konzepte und ich kann mir nur beim Scheitern zuschauen. Dann halt nicht meditieren.

Oder aber vielleicht einfach anders? Autofahren beruhigt und zentriert mich auf eine unbeschreibliche Weise. Nichts bringt mich mehr zu mir zurück. Autofahren macht mich unbeschreiblich glücklich. Aber wohin; wenn man eigentlich Zuhause bleiben soll?

Dann halt nicht Auto fahren. Aber was denn dann?

Stricken! 

Stricken beruhigt total. Die immer gleichen Bewegungen und die Kombination von rechts und links haben nachweislich den gleichen Effekt wie eine Meditations Session. Dieses beiläufige Fokussieren auf etwas, das man mit den eigenen Händen erschafft, lenkt von Gedankenspiralen ab und kann damit sogar Ängste reduzieren, in die man sich gern mal reinschraubt. Beim Stricken sind so viele verschiedene Hirnareale aktiv und gleichzeitig baut es Spannung ab, nicht wie das Scrollen in den sozialen Medien, was uns gern innerlich zur Weissglut treibt. Als Resultat davon senkt sich der Blutdruck und man kommt in eine wohltuende Entschleunigung. Unsere Hände sind den ganzen Tag mit Tippen und Scrollen beschäftigt und mit diesen Bewegungen verbindet unser Hirn gern Stress und Frustration. Kein Wunder also dass Stricken nicht nur glücklich macht, sondern sogar Gelenkprobleme mindern kann. 

In meiner Kindheit ging stricken mit kratziger Wolle und einer uralten strengen Handarbeitslehrerin einher, der ständig die Nase lief. Es hatte null und nichts Lustvolles an sich. Erst als ich schwanger war und mit den beiden blauen Streifen auf dem Test ein unbändiger Nestbautrieb Besitz von mir nahm, eroberte ich mir das Handwerk zurück. Mein Kind musste solange in handgestrickten Pullovern herumlaufen, bis es die sprachliche Fähigkeit erworben hatte, mir damit zu drohen, sich zur Adoption freizugeben. 

Seither stricke ich hauptsächlich für mich. Socken, die ich in der Handsgi hasste, weil die klassische Ferse ein Scheissteil ist, liebe ich, seit ich die Bumerang-Ferse entdeckt habe, und überhaupt kann man sich auf Youtube alles erklären lassen, was man wissen muss, wofür ich das digitale Zeitalter sehr heiss liebe. 

Ich werde hier zwischendurch übers Stricken und meine selbstgefärbten Garne schreiben und manchmal kommen auch andere zu Wort, wie zum Beispiel Maude Vuilleumier, die eine begeisterte Strickerin ist und aus der Kaficandy Wolle eine wunderschöne Mütze gestrickt hat...